Monatsimpuls Juli 2020

Download als pdf

 
„Amen, amen, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht. Wer sein Leben liebt, verliert es; wer aber sein Leben in dieser Welt geringachtet, wird es bewahren bis ins ewige Leben. Wenn einer mir dienen will, folge er mir nach; und wo ich bin, dort wird auch mein Diener sein. Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren. (Joh 12, 24-26)

 

Gedanken zu diesen Versen bei Johannes

- Auszug aus einer meiner Beerdigungspredigten -


Jesus war ein guter Beobachter der Natur und der Menschen. Er war ein guter Erzähler und konnte die Dinge auf den Punkt bringen. So auch mit dem Gleichnis vom Weizenkorn, das in die Erde gesät, erst wachsen und später Frucht bringen kann, wenn es vorher durch den Keimprozess als „Korn“ gestorben ist. Vom Säen und Keimen, zur Pflanze bis zur Frucht ist es ein Prozess, in dem sich alles weiterentwickelt. So sieht auch Jesus das Leben als einen Prozess des Wandels. Das Leben muss den Tod riskieren, um vielfältige Frucht bringen zu können.

Wer den Wandel, die Entwicklung fürchtet, wer nur alles zusammenhalten möchte, egoistisch nach Besitz, Macht, Reichtum strebt, und nur seine persönliche Karriere im Blick hat; wer lebenswichtige Beziehungen, wie Liebe, Freundschaft, Kontakt zum Nächsten vernachlässigt, der wird am Ende das Leben im eigentlichen Sinne nicht gewonnen haben. Wer aber dem Leben, mit alle seinen Beziehungen zum Mitmenschen, die Hauptaufmerksamkeit schenkt, wer keine Angst vor Fehlern hat, wer sich ändert und persönlich entwickelt, vielleicht sogar Nachteile in Kauf nimmt, der wird im Sinne Jesu mehr vom Leben haben und es bewahren bis ins ewige Leben.

Jesus versteht unter dem Begriff: „das Leben verachten“ keinen frömmelnden Lebenswandel, der mit dem tatsächlichen Leben nichts zu tun hat, oder einen Rückzug in das stille Kämmerlein, damit es ja keinen Schaden nimmt, sondern für Jesus ist „das Leben verachten“ ein „Sich-Hineinwerfen“ in das Leben, es „dran“ zu geben, Verluste und Rückschläge inbegriffen.

Die Evangelien beschreiben Jesus nicht als einen „Weltverächter“, im Gegenteil. Er lebt gerne, er feiert gerne, er teilt das Leben mit anderen Menschen. Er ist auch kein Kostverächter und lässt sich oft von anderen zum Essen einladen. Jesus lehnt nicht alles Materielle und jeden Genuss ab. Vielmehr geht es ihm um die Freude am Leben, die die Menschen erfüllt, wenn sie das Reich Gottes mit all seinen Beziehungen zu Gott und zu den Mitmenschen suchen und leben. Wir sollen uns dabei persönlich nicht allzu wichtig nehmen, sondern das persönliche wie das öffentliche Leben gestalten, und es riskieren im Vertrauen auf Gott und seine Liebe.

So kommt es darauf an, dass wir uns um ein rechtes Leben bemühen. Das, was wir uns selber wünschen, sollen wir dem anderen nicht verwehren oder neidisch missgönnen. In dem Masse, mit dem wir uns um uns selber kümmern, sollen wir uns auch anderer annehmen. Diesen Einsatz für das Leben und für das Reich Gottes, nennt Jesus: „mir dienen“. Wenn wir miteinander umgehen in einem geschwisterlichen Miteinander, dann dienen wir einander und dem Ziel Jesu. Sein Ziel ist, dass das Reich Gottes wachsen kann nach Innen wie nach Außen. Wer so lebt, wer in diesem Sinne sein Leben „gering“ achtet, der wird es bewahren bis ins ewige Leben. Eine solche Lebenseinstellung wird vom Vater honoriert werden, sagt Jesus.
Wer so lebt, dem kann der Tod nichts anhaben. Der Körper wird zwar sterben, doch all das, was in Liebe getan ist, wird vor Gott Bestand haben.     

Bernhard Schuler