Monatsimpuls Oktober 2023

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Liebe Schönstattfamilie, liebe Gottesdienstbesucher,

Nicht nur in der Politik, sondern auch in der Kirche erleben wir bei vielen Themen eine starke Polarisierung. Die Meinungen gehen oft auseinander und verfestigen sich in den unterschiedlichen Lagern. Oft sprechen wir deshalb auch von Rissen, die durch die Kirche und durch die Gesellschaft gehen. Das haben wir auch beim synodalen Weg in Deutschland in jüngster Vergangenheit erfahren müssen.
Um Risse geht es auch bei dem neuen Jahresmotto der Schönstattbewegung. Es lautet „Zuversicht -in den Rissen schaffst du Raum.“ Mit den Rissen wird hier aber nicht nur Bedrohliches, Baufälliges verbunden, sondern auch etwas Positives, das neue Chancen öffnet.
Dabei kommt mir unwillkürlich unser diesjähriger Besuch in Jerusalem in den Sinn. In der Grabeskirche waren wir dort auch am Ort Golgotha. In dem Felsgestein sahen wir den originalen großen Riss, der von dem starken Erdbeben beim Tod Jesu verursacht wurde.
Dieser Riss, so wissen wir aus christlicher Überlieferung, reicht bis hinab in das Grab von Adam, das genau hier verortet ist. Es ist uns überliefert wurden, dass das Blut Christi durch diesen Riss hindurch bis in das Grab Adams floss. Welch eine hoffnungsfrohe Botschaft verbirgt sich hinter diesem Geheimnis des Risses!
„Zuversicht -in den Rissen schaffst du Raum.“: Wie anschaulich und nah wird mir durch den Blick auf Golgotha und auf Jesus diese Jahreslosung! Geht es Ihnen vielleicht genauso? Durch den Riss von Golgotha schafft unser Gott, der ein Gott der Liebe und der Beziehung ist, kraftvoll eine Verbindung zu den Menschen, die verloren schienen, um sie zu retten.

Um diese rettende Beziehung Gottes zu uns Menschen geht es auch in dem Evangelium, das wir eben gehört haben. Sterbend am Kreuz sagt Jesus zu seiner Mutter: „Frau, siehe, dein Sohn!“ und zu seinem Lieblingsjünger Johannes: „Siehe deine Mutter!“ Das sind nur wenige Worte. Wir dürfen aber davon ausgehen, dass die Worte, die Jesus im Angesicht seines Todes spricht, eine unsagbar große Bedeutung haben. In so einer Situation sagt man nichts Unwichtiges. Hier unter dem Kreuz im Angesicht des Todes wird ein Liebesbündnis durch Jesus geschlossen, ein Bündnis der Liebe zwischen seiner Mutter und seinem Jünger. In dieses Bündnis sind auch wir hineingenommen.

Die Worte, die Jesus vor seinem Tod spricht, gelten auch uns. Papst Franziskus hat einmal bei einer Audienz gesagt:“ Wir Christen sind keine Waisen. Wir haben eine Mutter!“ Deshalb können wir uns immer wieder vertrauensvoll an Sie wenden und das Liebesbündnis mit ihr erneuern! Denen, die hier unter dem Kreuz stehen, übergibt er seinen Geist; so haben wir es eben im Evangelium gehört. Damals ist aus der scheinbar absoluten Katastrophe des Todes Jesu am Kreuz die Kirche erwachsen. Auch in der heutigen krisengeschüttelten Zeit unserer Kirche und am Beginn der Weltsynode in Rom wollen wir mit Zuversicht in die Zukunft schauen.
Mit Zuversicht erfüllt uns, dass unser Bischof Michael Gerber gerade in dieser schwierigen Zeit zum stellvertretenden Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz gewählt wurde.
In diesem Zusammenhang schreibt Kurt Faulhaber in seinem zweiten Beitrag „Synodales Leben im Bund“ auf der Schönstatt-Homepage: „Bischof Gerber möchte auch unsere Bewegung mit der Bewegung der universalen Kirche in Verbindung bringen. … Schwindendes Vertrauen zwischen Bischöfen und Kirchenvolk kann umgekehrt werden in neu wachsendes Vertrauen. Mit dem Willen zur Mitverantwortung mit den Bischöfen in krisenhaften Entwicklungen.“
Ich ermutige Sie, immer wieder den Blick auf den Gekreuzigten zu richten, so wie es Maria und Johannes unter dem Kreuz getan haben. Sie harrten unter dem Kreuz aus und liefen nicht einfach vor den Schwierigkeiten davon. Lassen Sie uns genauso handeln und andere dazu ermutigen!

Mit Maria im Liebesbündnis vereinigt wird Erneuerung gelingen. Das wollen wir uns heute am Bündnistag erneut bewusst machen. Mit Ihr an der Hand und mit Blick auf Jesus kann in den Rissen der heutigen Zeit der Raum gestaltet werden, der Leben schafft und unsere Kirche in die Zukunft führt. Davon bin ich überzeugt.                                                                                         Ulrich Nikolayczik

 

(Der Monatsimpuls Oktober ist eine von mir verfasste Predigt, die ich am Bündnistag am 18. Oktober im Rahmen eines Wortgottesdienstes in der Schönstatt-Au in Borken halten durfte.  Sie befasst sich mit dem neuen Jahresmotto der Schönstattbewegung „Zuversicht – in den Rissen schaffst du Raum“ und bezieht sich auch auf den zweiten Beitrag von Kurt Faulhaber „Synodales Leben im Bund“ auf der Schönstatt-Homepage. Die zugrundeliegenden Bibeltexte sind Apg 1,12-14 und Joh 19,25-30.     Ulrich Nikolayczik)